Festrede zur Schützenhaus-Einweihung
Über das "Wie und Warum" des neuen Schützenhauses
Ansprache, verfasst und vorgetragen von Horst Engel aus Anlass der offiziellen Schützenhauseinweihung am 27.10.2012.
Verehrte Festversammlung, liebe Schützenschwestern und Schützenbrüder,
bevor wir uns der Frage des "Wie" zuwenden, müssen wir uns mit dem "Warum" beschäftigen: Warum haben wir ein neues Schützenhaus bezogen und sind nicht in dem uns allen ans Herz gewachsenen, idyllisch direkt am Waldfriedensee gelegenen, alten Schützenhaus geblieben? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir in das Jahr 1964 zurückgehen, eben in jenes Jahr, im dem mit der Errichtung des alten Schießstandes am Waldfriedensee begonnen wurde.
Das Grundstück hierfür wurde seinerzeit von dem Grundstückseigentümer, der Familie Werner bzw. Telser in Erbpacht erworben. Die Laufzeit dieser Erbpacht wurde damals vertraglich auf 33 Jahre festgelegt. Je näher also das Jahr 1997 rückte, stellte sich uns eine erste Frage nach dem "Wie": Wie geht es nach Ablauf der Erbpacht weiter? Die naheliegendste Möglichkeit wäre eine Verlängerung oder eine neue vertragliche Festsetzung der Erbpacht gewesen. Daher hatten wir auch frühzeitig vor dem Ablauf der Pacht Gespräche mit dem Grundstückseigentümer aufgenommen, um diese Fragen auszuloten. Die Möglichkeit einer Verlängerung der Erbpacht wurde nicht gewährt, wohl aber wurde uns die Möglichkeit gegeben das alte Schützenhaus weiterhin zu nutzen,- allerdings jetzt als Mieter.
Damit stellte sich folgende rechtliche Situation dar: Das Grundstück mit dem Gebäude fällt an den Grundstückseigentümer zurück, und dieser muss eine Entschädigungszahlung in Höhe des Verkehrswertes des Gebäudes an uns entrichten. - Der oft in diesem Zusammenhang erwähnte Begriff "Verkauf" ist also hier nicht ganz korrekt. Die Höhe dieser Entschädigungssumme wurde durch ein Gutachten ermittelt. Durch diese Summe stand uns dann ein guter finanzieller Grundstock für die weiteren Pläne bereit.
War dies erledigt, stellte sich das nächste "Wie": Wie geht es nun unter diesen Voraussetzungen weiter? Zunächst bot sich, wie schon erwähnt, als Zwischenlösung an, dass wir des Schützenhaus mieten und so weiter nutzen konnten. Ein entsprechender Vertrag wurde abgeschlossen, allerdings nur immer mit der Laufzeit von jeweils einem Jahr.
Es entstand also die unbefriedigende Situation, dass wir praktisch von heute auf morgen ohne eigene Sportstätte und ohne eigenes Zentrum für unsere Schützengesellschaft dastehen könnten. Des Weiteren kam dazu, dass durch die Mietzahlungen das Geld aus der Entschädigungszahlung wieder an den Eigentümer zurück floss und unseren Grundstock für einen Neuanfang dahinschmelzen ließ. Auch wären, da manches nicht mehr dem heutigen Standard entsprach, Investitionen fällig gewesen, die wir jedoch wegen des kurzfristigen Mietvertrages nicht bereit waren zu leisten.
Es mussten also mittelfristig Alternativlösungen gesucht und gefunden werden. Grundsätzlich gab es dafür zwei Möglichkeiten: Erstens ein geeignetes Grundstück für eine Neubau finden, oder zweitens eine geeignete bestehende Immobilie finden, die für unser Zwecke entsprechend umgestaltet werden könnte. Natürlich sollten beide Möglichkeiten, weil sich unsere Schützengesellschaft mit Wildenheid identifiziert, innerhalb von Wildenheid zu finden sein. Für die erste Möglichkeit ergab sich recht rasch ein Angebot durch die Stadt Neustadt. Auf dem Gelände und den Fundamenten der ehemaligen Flusskläranlage an der Röden könnte unser neues Schützenhaus entstehen.
Dieses Angebot wurde teils mit Begeisterung, teils mit Skepsis aufgenommen. Mit Begeisterung,- da wir uns dort praktisch frei entfalten könnten, und auch zusätzliche Schießstände errichten könnten und das Angebot der Disziplinen über Luftgewehr und Luftpistole hinaus mit Sportpistole oder gar Kleinkalibergewehr erweitern könnten. Mit Skepsis,- da sich für viel die Frage Stellte: können wir das als kleiner Verein mit etwa 100 Mitglieder überhaupt finanziell stemmen?
Nun,- die Begeisterung überwog zunächst, und so wurden auf der Jahreshauptversammlung im Januar 1999 die Pläne für einen Neubau vorgestellt. Erstellt wurde diese Planung durch den Architekten Klaus Knauer aus Weidhausen. Diese Planung sah neben den 10-Meter Luftgewehrständen auch zwei 25-Meter-Stände für Sportpistole vor. Jedoch hielt man sich auch noch die Hintertür offen, doch noch eine geeignetes Gebäude zum Umbauen zu finden, da das finanzielle Risiko eine kompletten Neubaues vielen Vereinsmitgliedern Bauchschmerzen bereitete. Auch besteht bei solchen Vorhaben immer die Gefahr die Kosten durch einen zu hoch angesetzten Eigenleistungsanteil schön zu rechnen.
Es waren schon fast alle Hoffnungen aufgegeben, ein solches Objekt zu finden, da erreichte uns im Jahre 2003 das Angebot der VR-Bank ihr bisheriges Bankgebäude zu kaufen, da sie selbst einen Großteil des Gebäude nicht mehr nutzte und in eine kleinere Filiale umziehen wollte. Eine Besichtigen des Gebäudes ergab, dass es gut geeignet wäre es in ein Schützenhaus mit den hierfür erforderliche Räumen und Einrichtungen umzubauen. Der hintere Gebäudeteil, das ehemalige Raiffeisen-Lagerhaus, sowie der Keller - einschließlich eines geheimnisvollen Tresors - würden uns sofort zu Verfügung stehen. Gegenüber einem Neubau ergab sich der Vorteil, dass so ein voll erschlossenes Gebäude in verhältnismäßig gutem baulichen Zustand existiert, das mit erheblich geringeren finanziellen Aufwand für unsere Zwecke umgestaltet werden könnte.
Ein Nachteil soll aber nicht verschwiegen werden. Eine Einrichtung von Schießständen für Sportpistole oder gar Kleinkalibergewehr ist bei diesem Objekt nicht möglich, so dass eine Ausweitung des Angebotes an schießsportlichen Disziplinen, über unsere bisherigen hinaus, nicht möglich ist. Es wurde wieder Klaus Knauer mit der Planung beauftragt, so dass den Mitgliedern im Jahre 2004 diese Planung vorgestellt werden konnte. Nach langer, teils kontroverser Debatte, wurde letztendlich der Beschluss gefasst, Grundstück und Gebäude der VR-Bank zu erwerben und als Schützenhaus mit Schießanlage und Gemeinschaftsräumen umzubauen.
Für viele fiel der Gedanke an den Abschied vom alten Schützenhaus schwer. Das gemütliche Beisammensein an den Sommerabenden direkt am Waldfriedensee mit dem Verweilen auf dem geteerten Platz neben dem Haus oder gar auf der Laderampe zu tauschen, war eine Gedanke, der viele mit Graus erfüllte. Aber letztendlich hatten wir keine Wahl, da der Verbleib im alten Schützenhaus am Waldfriedensee wohl langfristig nicht mehr möglich sein würde. Der Kaufvertrag wurde schließlich am 23.4.2004 abgeschlossen und bereits Tags darauf begannen die Umbauarbeiten für die Schießstände im hinteren Teil des Gebäudes, also in dem Teil, in dem wir jetzt hier sitzen.
Für die Koordinierung der Maßnahmen und die Überwachung der Umbauarbeiten wurde in Verein ein neues Amt geschaffen: der Bauleiter. Mit dieser wichtigen Aufgabe wurde Schützenbruder Edgar Reißenweber betraut, der diese auch äußerst gewissenhaft ausführte und dadurch einen erheblichen Anteil daran hat, dass unser neues Schützenhaus so wurde, wie es sich heute darstellt. - Dafür gebührt ihm unser aller Dank!
Der VR-Bank wurde der vordere Teil mit den Schalter- und Büroräumen vermietet, so dass die Filiale bis zum Umzug in ihr neues Domizil hier verblieb. Auch die Freifläche hinter dem Haus war als Lagerplatz noch an eine Firma bis Ende 2005 vermietet. Die Planung sah vor, dass in dem jetzt schon freien Gebäudeteil eine Schießanlage mit zwölf 10-Meter-Ständen für Luftgewehr und Luftpistole, Umkleideräume, das sogenannte "Zirkelzimmer", eine Toilette sowie ein kleiner Aufenthaltsraum, der später als Durchgang zu den Räumen in vorderen Gebäudeteil dienen sollte, geschaffen werden.
Den ersten Teil diese ersten Bauabschnittes bildete also der neue Schießstand. Hier mussten eine neue Decke eingezogen werden und es mussten Fenster vermauert werden. Auch ein neuer Fußboden und die erforderlichen Installationen waren auszuführen. Als vorläufiger Zugang sollte eine Tür auf der Laderampe dienen, die direkt in den Schießstand führt. Ein provisorischer Eingangskorridor wurde mit Hilfe einer Stellwand vom Schießstand abgetrennt.
Als zweiter Teil des ersten Bauabschnittes wurden die schon erwähnten Räume für Umkleide, Toilette, sowie das "Zirkelzimmer" geschaffen. Auch hier wurde eine Decke eingezogen, und es mussten mehrere Wände gemauert werden. Einige Fensterflächen wurden ausgebrochen, neue Fenster eingesetzt, und schließlich die Fußböden fertiggestellt. Natürlich gab es auch hier viel Arbeit an Installation und Technik. Ausgeführt wurden die Arbeiten teils durch Fachfirmen, teils in Eigenleistung. Die Eigenleitungsquote liegt in diesem ersten Bauabschnitt bei 39,4%.
Am 5. November 2005 wurde der neue Schießstand mit dem ersten Schuss schließlich in Betrieb genommen. Die Ehre des ersten Schusses wurde Edgar Reißenweber zuteil, der diesen als eine "gute 9" platzierte.
So konnten wir dann auch mit Sack und Pack ins neue Heim umziehen. Da uns noch nicht das gesamte Gebäude zur Verfügung stand, waren die Platzverhältnisse im provisorischen Aufenthaltsraum noch recht beengt. Doch die VR-Bank sollte ja in wenigen Monaten umziehen, so dass bald mit der Umgestaltung des restlichen Gebäuden begonnen werden konnte, - dachten wir.
Da sich jedoch für die Bank der Bezug ihrer neuen Filiale verzögerte, sollte es noch fast vier Jahre dauern, bis wir endlich mit dem zweiten Bauabschnitt beginnen konnten. Das war einerseits nicht schön, da wir in einem beengten Provisorium längere Zeit zurecht kommen mussten, andererseits erhöhte sich durch die längeren Mieteinnahmen das finanzielles Polster. Außerdem konnten so auch die Kosten zeitlich gestreckt werden.
Ende Januar 2009 zog die VR-Bank schließlich aus, so dass dann mit dem letzten Bauabschnitt begonnen werden konnte. Dies brachte nun den sehnlichst herbeigewünschten größeren Aufenthaltsraum mit einer Theke, erweiterte Toilettenanlagen, und eine Küche. Auch ein unserer Schützengesellschaft würdiger repräsentativer Eingangsbereich mit dem inzwischen als "Raucheraquarium" genutzten gläsernen Vorbau - statt des Seiteneingangs über die Laderampe - rundet nun das Bild ab. Die Fertigstellung dieses Teils erforderte noch einmal umfangreiche Arbeiten und Anstrengungen. Ebenso wie in den vorhergegangenen Bauabschnitten wurden die Arbeiten hier durch Fachfirmen sowie in Eigenleistung durch Vereinsmitglieder durchgeführt. Der Anteil der Eigenleistung lag in diesem Abschnitt bei über 60%.
Im Frühsommer 2010 war es schließlich soweit: Das gesamte Gebäude ist nun ein funktionsfähiges Schützenhaus und unser Mittelpunkt für Sport und Geselligkeit. Letzter Schliff wurde schließlich in den vergangenen Monaten mit der Gestaltung der Außenanlagen und durch den Neuanstrich der Fassade angelegt.
Nicht unerwähnt bleiben sollen auch einige Worte über das Finanzielle. Neben unseren Eigenmitteln, die hauptsächlich aus der Entschädigungszahlung für das alte Schützenhaus bestanden, konnten wir auch noch in den Genuss von Fördergeldern kommen. Diese kamen vom Bezirk Oberfranken durch Sportstättenförderung des Freistaates Bayern über den Bayerischen Sportschützenbund, dem Landkreis Coburg und der Stadt Neustadt. Auch durch zahlreiche Spenden wurde unser Vorhaben unterstützt. In diesem Zusammenhang möchte ich ausdrücklich die Verantwortlichen der Stadt Neustadt hervorheben. Wir haben immer Unterstützung für unsere Vorhaben erhalten und immer ein offenes Ohr für unsere Anfragen und Anliegen vorgefunden. Diese Unterstützung des traditionellen Vereinslebens durch die Stadt Neustadt ist vorbildlich!
Viele Schützenschwestern und Schützenbrüder haben mit viel persönlichem Einsatz und ihrer Arbeitsleistung dazu beigetragen, dass ein relatv kleiner Verein die anspruchvolle Aufgabe der Schaffung unseres neuen Heims so gut bewältigen konnte. Stellvertetend für diese möchte ich zwei Schützenbrüder nennen, die den heutigen Festtag der offiziellen Einweihung leider nicht mehr miterleben können: Joachim Korn und Wolfgang Schnelle.
Zusammenfassend können wir sagen: Wir können stolz auf unser neues Schützenhaus sein. Wir sind jetzt unabhängig, wir haben ein eigenes Gebäude auf einem eigenen Grundstück. Wir haben ein Schützenhaus, dass den heutigen Anforderungen an die Ausstattung gerecht wird, - und was wohl mit am wichtigsten ist: wir sind schuldenfrei. Wir haben nun einen schönen Mittelpunkt unserer Schützengesellschaft für Sport, Geselligkeit und Tradition.